Das Licht ist etwas Wunderbares und gar nicht das, wofür wir es für gewöhnlich halten. Es ist nicht einfach da. Im Gegenteil. Und das ist mehr als wir erwarten, wenn wir aus der Mittagshitze in den wohltemperierten kahlen Raum treten.
Zunächst sieht man so gut wie nichts. Wem das nicht genügt, der wird nie verstehen, daß Michelangelo auch als Maler ein Bildhauer war. Und daß „Natur“ mehr sein muß als ein flotter Kunstgriff der Lebensmittelindustrie.
„Leerraum“ – das ist auch ein „Lehrraum“.
„Leerraum“ – das sind ja nicht ein paar grüne Scheiben, ein paar schlechtgekalkte Wände und Vogelgezwitscher vom Tonband zur Erbauung.
„Leerraum“ – das ist in Wirklichkeit ein zauberhafter Zustand von wunderbarer, einfacher Klarheit. Alles ist wahr. Und so ist es auch kein Widerspruch, daß man sich Zeit lassen und sich zugleich beeilen muß, wenn man noch etwas sehen will.
„Leerraum“ – das ist die Blaue Stunde, ein Zwischenbereich, wo man erlebt, was man sonst nie erlebt. So, wie sich die Wände des Raumes allmählich von ihrer Behauptung lösen, es gäbe ein Innen und Außen, so lösen wir uns von der Vorstellung, Kunst und Wirklichkeit seien voneinander getrennte Realitäten. Deshalb wird man sich kaum verwundert zeigen, wenn man dort genau jener Amsel wiederbegegnet, von der Azwei dem Aeins berichtet.
„Leerraum“ – eine Installation von Timo Kahlen
Ruine der Künste, Berlin
[28. Juni 1995]